N. Perdikis u.a. (Hgg.): WTO and the Regulation of International Trade

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Title
The WTO and the Regulation of International Trade. Recent Trade Disputes between European Union and the United States


Editor(s)
Perdikis, Nicholas; Read, Robert
Published
Cheltenham 2005: Edward Elgar
Extent
295 S.
Price
£ 65.00
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Gerold Ambrosius, Universität Siegen

Der Sammelband beschäftigt sich mit dem neuen Streitbeilegungsverfahren (Dispute Settlement Understanding, DSU) der WTO und den Erfahrungen, die damit in den letzten Jahren gemacht worden sind, insbesondere bei den Handelstreitigkeiten zwischen der EU und den USA. Diese beiden Wirtschaftsräume sind nicht nur die größten der Welt – auf sie entfallen fast 60% des internationalen Handels –, sie sind auch die wichtigsten Mitglieder der WTO, die seit Einführung des neuen Streitbeilegungsverfahrens 1995 etwa 40% aller Handelskonflikte unter sich ausmachten. Zu Recht weisen die Herausgeber darauf hin, dass bereits die Tatsache, dass sich diese beiden mächtigen Handelspartner einem solchen Verfahren unterwerfen, ein positives Zeichen für die Funktionsfähigkeit nicht nur des Streitbeilegungsverfahrens ist, sondern für die der Welthandelsorganisation, letztlich für die des Welthandelsregimes insgesamt.

Der Band besteht aus zwölf Artikeln. Im einführenden Artikel gehen die Herausgeber auf die politische Ökonomik des Protektionismus ein, sowie auf die Geschichte der Regulierung des Welthandelssystems im Rahmen des GATT und der WTO. Auch die Inhalte der nachfolgenden Artikel werden knapp referiert. In einem abschließenden Beitrag werden von ihnen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der dazwischen liegenden zehn Artikel anhand der zentralen Problemfelder zusammengefasst. Diese beschäftigen sich mit der Entwicklung des Streitbeilegungsverfahrens als solchem (2), dem Vergleich der Streitbeilegungsverfahren der NAFTA und der WTO (3), der Gemeinsamen Agrarpolitik als Katalysator von Handelsstreitigkeiten zwischen der EU und den USA (4), den Herausforderungen des Weltagrarhandels im Rahmen der WTO-Doha-Runde (5), den Auseinandersetzungen zwischen der EU und den USA im Bananenhandel (6), dem Streit um den Stahlhandel (7) und um die US-amerikanischen Vertriebsgesellschaften im Ausland und ihren steuerlichen Exporterleichterungen (8), den Konflikten um den Import von hormonell behandeltem Fleisch in die EU (9), dem Beginn des Streits um genmanipulierte Nahrungsmittel (10) und um die ebenfalls erst beginnenden Auseinandersetzungen um nicht-tarifäre Handelshemmnisse im Hinblick auf gesundheitliche, ökologische und sicherheitstechnische Standard, Kinderarbeit etc. (11).

Die zwölf Artikel sind von sechs Autoren geschrieben, wobei Robert Read allein an sechs Artikeln beteiligt ist. Bei ihnen handelt es sich Wissenschaftler aus den Fachrichtungen Agricultural Economics, International Economics, Management and Business. Die Texte entstanden für zwei Tagungen der International Economics Study Group (IESG) 2000/01. Sie sind also nicht mehr ganz frisch, erfassen aber wichtige Entwicklungen der Handelsstreitigkeiten zwischen der EU und den USA. Es fehlen allerdings mindestens ebenso wichtige Themen wie der Handel mit geistigem Eigentum oder mit Dienstleistungen. Auch der Handel mit Fleisch von geklonten Tieren ist seit neuestem aktuell. Die Texte sind durchweg gut geschrieben, versuchen bei allen technischen Details den Überblick nicht zu verlieren und stellen das jeweilige Spezialthema in den übergeordneten Zusammenhang einer Welthandelsordnung, die von der WTO immer weiter liberalisiert wird.

Die Reform des Streitbeilegungsverfahrens war notwendig geworden, weil das traditionelle Verfahren des GATT zunehmend unter Akzeptanzproblemen gelitten hatte. Es war der Eindruck entstanden, dass die führenden Länder, insbesondere die USA und die EU, entweder die Ergebnisse des alten Streitbeilegungsverfahrens informell unterliefen oder formell ihr Veto gegen die Entscheidungen der GATT-Panels einlegten. Das Verfahren war insofern politisiert gewesen, als sich die stärkeren Länder gegenüber den schwächeren durchsetzen konnten. Im Kern hat das neue Verfahren einen quasi-automatischen Ablauf des Verfahrens, seine rechtliche Verfestigung, eine höhere Transparenz und eine klarere Implementation der Entscheidungen etabliert. Die Möglichkeit der Manipulation des Streitbeilegungsverfahrens sind deutlich verringert worden. So ist es nicht mehr möglich, dass die großen Länder bilaterale Abkommen untereinander aushandeln und diese dann auf die kleineren Mitgliedstaaten übertragen – eine wichtige Veränderung insbesondere im Hinblick auf den Weltagrarhandel. Die wissenschaftliche Überprüfung technischer, gesundheitlicher Standards hinsichtlich ihrer protektionistischen Wirkungen und ihrer Verhältnismäßigkeit ist verbessert worden und trägt dazu bei, das Vertrauen in die Entscheidungsprozesse der WTO zu stärken. Diese Veränderungen werden in den Fallbeispielen angesprochen und auf ihre Wirksamkeit geprüft.

Im Ergebnis sind alle in den verschiedenen Artikeln behandelten Streitigkeiten auf eine WTO-kompatible Weise beigelegt worden, selbst die so umstrittenen Fälle wie Bananen und Stahl. Eine Ausnahme macht allein das hormonell behandelte Fleisch. Die Probleme, die in Zukunft eine zentrale Rolle spielen werden, wie genmanipuliertes Fleisch oder Produktions- und Prozessstandards, deuten sich allerdings erst an. Durchweg hat sich positiv ausgewirkt, dass das neue Streitbeilegungsverfahren nicht mehr einen ‚positiven Konsens’ der Beteiligten erfordert. Das entsprechende WTO-Panel hat die Autorität, dem Ankläger protektionistische Retorsionsmaßnahmen zu erlauben, wenn der Beklagte den Empfehlungen des Panels nicht folgt und auch nach 60 Tagen die WTO noch nicht verlassen hat.

Die behandelten Fallstudien verdeutlichen die auch im neuen Verfahren weiter bestehenden Spannungsverhältnisse zwischen nationaler Souveränität und Entscheidungen der WTO-Panels, zwischen den Interessen der Entwicklungsländer und denen der Industriestaaten, zwischen dem liberalen Handelsregime der WTO und monopolistischen Weltmärkten, zwischen freiem Welthandel und protektionistischer Außenwirtschaftspolitik aus Gründen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes, des Umweltschutzes, des Sozialdumpings etc. Mit diesen Problemen werden somit die Konflikte aufgezeigt, die die WTO auch in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Insofern analysiert der Band nicht nur historische Fallbeispiele, sondern weist damit zugleich in die Zukunft.

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Published on
21.09.2007
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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